Teil 6: Liebe und Vernunft In diesem Essay habe ich dargelegt, warum die Überzeugung, dass man für das Allgemeinwohl handelt, einen noch lange nicht zum Mitglied der Bruderschaft macht. Diese Überzeugung spricht sogar gegen eine Mitgliedschaft. Nach diesem Kriterium wären auch Heinrich Himmler, Joe McCarthy und fast jeder Tyrann, der je gelebt hat, in der Bruderschaft gewesen, und ebenso wären es der Spitzel aus der Nachbarschaft, der Stasi-Informant und der stellvertretende Rektor deiner Schule. Du kannst jetzt gleich mal deinen CO2-Fußabdruck berechnen. Dann multiplizierst du ihn mit deinem Wahlverhalten und zählst die Gründe hinzu, warum dein Job die Welt zu einem besseren Ort macht — oder zumindest nicht allzu viel Schaden in ihr anrichtet. Deine Verstöße gegen das Allgemeinwohl relativierst du mit dem Gedanken, dass man ja schließlich irgendwie seinen Lebensunterhalt bestreiten muss. Als Ergebnis erhältst du deinen Punktestand, der dir sagt, in welchem Maße du ein guter Mensch bist. Mit solchen Rationalisierungen und mithilfe von Doppeldenk kann jede Handlung gerechtfertigt werden. Und da Doppeldenk seine eigenen Spuren verwischt, ist es schwer zu sagen, in welchem Maße jeder von uns es anwendet.
Eine Handvoll Staub und Knochensplitter, Teil 6
Eine Handvoll Staub und Knochensplitter, Teil…
Eine Handvoll Staub und Knochensplitter, Teil 6
Teil 6: Liebe und Vernunft In diesem Essay habe ich dargelegt, warum die Überzeugung, dass man für das Allgemeinwohl handelt, einen noch lange nicht zum Mitglied der Bruderschaft macht. Diese Überzeugung spricht sogar gegen eine Mitgliedschaft. Nach diesem Kriterium wären auch Heinrich Himmler, Joe McCarthy und fast jeder Tyrann, der je gelebt hat, in der Bruderschaft gewesen, und ebenso wären es der Spitzel aus der Nachbarschaft, der Stasi-Informant und der stellvertretende Rektor deiner Schule. Du kannst jetzt gleich mal deinen CO2-Fußabdruck berechnen. Dann multiplizierst du ihn mit deinem Wahlverhalten und zählst die Gründe hinzu, warum dein Job die Welt zu einem besseren Ort macht — oder zumindest nicht allzu viel Schaden in ihr anrichtet. Deine Verstöße gegen das Allgemeinwohl relativierst du mit dem Gedanken, dass man ja schließlich irgendwie seinen Lebensunterhalt bestreiten muss. Als Ergebnis erhältst du deinen Punktestand, der dir sagt, in welchem Maße du ein guter Mensch bist. Mit solchen Rationalisierungen und mithilfe von Doppeldenk kann jede Handlung gerechtfertigt werden. Und da Doppeldenk seine eigenen Spuren verwischt, ist es schwer zu sagen, in welchem Maße jeder von uns es anwendet.